Neues zur Verfahrensdokumentation

Neues zur Verfahrensdokumentation

Neues zur Verfahrensdokumentation

Die Digitalisierung macht auch vor der betrieblichen Buchhaltung nicht halt. Die Schwerpunkte liegen auf Automatisierung der Prozesse. Die Finanzverwaltung hat schon 2014 Regelungen für die elektronische Buchführung und Belegerfassung erlassen.

Im Jahr 2019 wurden die Regelungen punktuell aktualisiert und an neue technische Entwicklungen angepasst.

Alle Steuerpflichtigen, die Bilanzen oder Einnahmenüberschussrechnungen erstellen, müssen die GoBD beachten, sofern sie unternehmerische Prozesse EDV-gestützt abbilden und ihre Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten teilweise oder ganz in elektronischer Form erfüllen. Dabei gelten die GoBD ganz unabhängig von der Betriebsgröße.

Buchführungsrelevante Systeme sind in diesem Kontext sowohl das Hauptbuchführungsprogramm als auch Nebenbereiche wie etwa die Anlagen- oder Lohnbuchhaltung. Zudem werden elektronische Archivsysteme sowie elektronische Zeiterfassungssysteme von den Regelungen der GoBD erfasst, wenn sie buchführungsrelevante Daten liefern.

Ein wichtiger Teilbereich der GoBD, der alle drei Hauptbereiche berührt, ist die Verfahrensdokumentation, in der insbesondere alle relevanten IT-Prozesse dargestellt werden müssen.

Wie geht man also die Verfahrensdokumentation an? 🙃

Grundlagen 🧐

Zentrale Grundsätze der GoBD bezüglich der elektronischen Buchführung sind Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit, Vollständigkeit, korrekte und zeitgerechte Aufzeichnung, sowie Ordnung und Unveränderbarkeit. Die Verfahrensdokumentation ist erforderlich, um die Anforderungen an Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit zu erfüllen.

Der konkrete Inhalt einer Verfahrensdokumentation hängt stark von den im Unternehmen verwendeten datenverarbeiteten Systemen ab, da für jedes dieser Systeme das Verfahren genau beschrieben werden muss.

Da betriebliche Prozesse sehr heterogen sind, kann es auch kein einheitliches Muster geben, wohl aber Punkte, die auf jeden Fall in der Dokumentation thematisiert werden sollten.

Die Verfahrensdokumentation dient insbesondere dazu, dass sich ein sachverständiger Dritter, also etwa ein Betriebsprüfer, innerhalb einer angemessenen Zeit einen Überblick verschaffen kann.

Tipp

Erstellen Sie Organigramme und verbildlichen Sie Prozesse, wo dies möglich ist!

Wesentliche Bestandteile 👆

Allgemeine Beschreibung

In der allgemeinen Beschreibung, welche vom Unternehmer erstellt wird, muss ausgeführt werden, unter welchen Rahmenbedingungen und in welchem unternehmerischen Umfeld die relevanten Systeme angewendet werden. So sind das Unternehmen und seine Tätigkeitsbereiche ausführlich zu beschreiben, ebenso der Wirtschaftsbereich, in dem es tätig ist, und wie der Gewinn ermittelt wird (Bilanzierung oder EÜR). Gibt es Besonderheiten – beispielsweise bei der Bilanzierung (besondere Anforderungen an das Archiv bei Ärzten usw.) –, so sind auch diese zu nennen.

Hinweis

Es empfiehlt sich, die allgemeine Beschreibung mit einem Ablaufdiagramm zu beginnen, aus dem die wichtigsten Prozesse im Zusammenhang mit der elektronischen Buchführung, insbesondere die elektronische Belegablage und die Erfassung von Geschäftsvorfällen, hervorgehen.

Außerdem muss angegeben werden, an welchen Orten buchführungsrelevante Prozesse wie etwa das Einscannen von Papierbelegen erledigt werden. Gleiches gilt für den Lagerort von Papierbelegen und den Ort ihrer Vernichtung, wenn das sogenannte „ersetzende Scannen“ im Unternehmen angewendet wird. Darüber hinaus sollte in der allgemeinen Beschreibung dargestellt werden, in welchem Turnus Belege digitalisiert werden (täglich, wöchentlich oder monatlich), und ob bzw. welche Arbeiten von externen Dienstleistern erledigt werden. Werden externe Dienstleister beauftragt, so ist das vertragliche Verhältnis genaustens darzustellen, da Sie als Unternehmer gegenüber der Finanzverwaltung verantwortlich bleiben.

Es ist zudem sinnvoll, bereits in der allgemeinen Beschreibung einen Versionsüberblick zur Verfahrensdokumentation zu geben.

Anwenderdokumentation

In der Anwenderdokumentation werden die fachlichen Prozesse der Systeme inklusive der Nebensysteme beschrieben. Diese Anwenderdokumentation muss Ihnen von dem Systemanbieter des bereitgestellt werden. Es muss dargestellt werden, wie Daten im System erfasst, auf Richtigkeit geprüft sowie abgestimmt werden, und wie eine Ausgabe der Daten erfolgt.

Schnittstellenbeschreibungen

Auch dargestellt werden müssen die Schnittstellen zwischen den Programmen und deren genaue Funktionen und Eigenschaften. Spätestens hierfür sind in der Regel spezielle IT-Kenntnisse erforderlich.

Weitere Dokumente

Weitere Teile der Anwenderdokumentation sind die Organisationsanweisungen zum Aufbau der unternehmensinternen IT sowie die Benutzerhandbücher der verwendeten Soft- und Hardware. 

Technische Systemdokumentation

Die technische Systemdokumentation ist vom Hersteller des jeweiligen DV-Systems zu erstellen.

Eingesetzte Hardware

Um den Gesamtprozess aller Systeme zu beschreiben, ist zunächst die Darstellung der eingesetzten Hardware erforderlich. Dazu gehören insbesondere:

  • Serversysteme,
  • eingesetzte Hardware an Einzelplätzen (PCs etc.),
  • Hilfs- und Nebensysteme (z.B. Scanner zur Digitalisierung von Buchführungsunterlagen, Warenwirtschaftssysteme).

Bedenken Sie, dass die Systemdokumentation aktualisiert werden muss, wenn Hardwarekomponenten ausgetauscht werden.

Eingesetzte Software

Es müssen alle verwendeten Programme in ihrer jeweiligen Version (inklusive möglicher Updates) aufgeführt werden. Die zuvor verwendeten Versionen sollten aus einer Nutzungshistorie ersichtlich sein. Darüber hinaus sind auch individuelle Änderungen und Anpassungen an Softwarekomponenten („Customizing“) darzustellen.

Hinweis

Die reine Aufzählung der verwendeten Programme ist nicht ausreichend. Es muss sich ein schlüssiges Gesamtbild ergeben, wie die einzelnen Komponenten und Systembestandteile mit ihren jeweiligen Schnittstellen ineinandergreifen.

Hinweis

Bei der Verwendung von Cloud-Systemen für buchführungsrelevante Tätigkeiten und Datenspeicherungen ist auch der Standort des Servers anzugeben. Befindet sich der Server außerhalb der EU, muss beim Finanzamt ein Antrag auf Verlagerung der Buchführung ins Ausland nach § 146 Abs. 2a AO gestellt werden.

Betriebsdokumentation

Die Betriebsdokumentation stellt die Nutzungsprozesse und deren Organisation im täglichen Betrieb dar. Darüber hinaus müssen die betrieblichen Prozesse im Normalbetrieb und auch im Notbetrieb beschrieben werden. Das Datensicherheits- und auch das Datensicherungskonzept soll umfassend dargestellt werden.

Hinweis

Wird ein Dokumentenmanagementsystem (DMS) verwendet, so ist es ratsam, die Berechtigung zum Anlegen neuer Ordner in den oberen Datenhierarchien zu beschränken und etwa lediglich der IT-Abteilung zuzuweisen. Hierdurch kann einerseits ein „Wildwuchs“ an Ordnern verhindert und andererseits die notwendige Indexierung, welche die GoBD verlangen, gewährleistet werden.

Internes Kontrollsystem

Die Benutzungsregeln für buchführungsrelevante IT-Strukturen müssen in einem internen Kontrollsystem (IKS) abgebildet werden, mit Hilfe dessen deren Einhaltung kontrolliert werden muss. Dass derartige Kontrollen auch tatsächlich durchgeführt werden, muss darüber hinaus auch protokolliert werden.

Das IKS muss folgende Bereiche erfassen:

  • Zugangs- und Zugangsberechtigungskonzepte,
  • Funktionstrennungen,
  • Kontrollen der Datenerfassung und -eingabe,
  • Übertragungs- und Verarbeitungskontrollen bei Datennutzung über Schnittstellen hinweg im Rahmen von automatisierten Übertragungen,
  • Schutzmaßnahmen gegen die beabsichtigte oder unbeabsichtigte Verfälschung von Dokumenten (z.B. durch die lückenlose Nachvollziehbarkeit von Änderungen im Rahmen eines DMS) und
  • stichprobenweise Plausibilitäts- und Vollständigkeitskontrollen.

Obwohl moderne IT-Programme standardmäßig über Plausibilitätsprüfungen verfügen, sind weitergehende Kontrollen der Abläufe dennoch erforderlich. Dies gilt insbesondere für die Prüfung der Vollständigkeit von Daten, die von einem Programm zur Weiterverarbeitung an ein anderes Programm übergeben werden.

Äußere Form

Die Verfahrensdokumentation sollte in geschlossenen Dokumenten mit aussagekräftigem Inhaltsverzeichnis erfolgen. In der Praxis hat es sich dabei bewährt, sie in ein sogenanntes Masterfile und einen Anhang aufzuteilen. Das Masterfile enthält die Beschreibungen der wesentlichen Prozesse orientiert an den Hauptpunkten, die Sekundärinformationen – Arbeitsanweisungen, Protokolle, das IKS – werden strukturiert in einem Anhang zusammengefasst.

Hinweis

Als Vorüberlegung zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation sollte auch berücksichtigt werden, dass bestimmte Informationen (z.B. Hard- und Softwareversionen, Verantwortlichkeiten der Mitarbeiter) relativ häufig aktualisiert werden müssen.

Elektronische Kassen und Verfahrensdokumentation

Seit dem 01.01.2020 gelten noch weiter verschärfte Vorgaben für elektronische Registrierkassen. Insbesondere müssen diese über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen (TSE). Auch die Pflicht zur Belegausgabe an die Kunden besteht seit dem 01.01.2020.

Mitteilungspflicht für Kassen ab 01.01.2025

Ab dem 01.01.2025 gilt darüber hinaus eine Meldepflicht für elektronische Kassensysteme mittels Datenfernübertragung an die Finanzbehörden über das Programm „Mein ELSTER“ und die ERiC-Schnittstelle. Im Rahmen einer Übergangsfrist sind spätestens bis zum 30.06.2025 sämtliche elektronische Kassensysteme zu melden. Nach dem Ablauf der Übergangsfrist zum 30.06.2025 müssen An- und Abmeldungen neu angeschaffter elektronischer Kassensysteme innerhalb eines Monats erfolgen. Hatten wir bereits in einem gesonderten Beitrag erörtert.

E-Rechnung ab 2025

Ab dem 01.01.2025 muss jeder Unternehmer elektronische Rechnungen (E-Rechnungen) empfangen und verarbeiten können. Für den Empfänger sind hier keine Übergangsregelungen vorgesehen. Hatten wir bereits in einem gesonderten Beitrag erörtert.

Auch im Rahmen der Verfahrensdokumentation ist das Thema der E-Rechnung zu beachten. In der Verfahrensdokumentation sind die verwendeten Programme und Formate zu nennen sowie eine Prozessbeschreibung für den Empfang und gegebenenfalls die Versendung von E-Rechnungen. Für viele Unternehmen wird die E-Rechnung Anlass und Notwendigkeit sein, die betrieblichen Systeme weiter zu digitalisieren. Entsprechende Änderungen und Modernisierung sind dann auch in der Verfahrensdokumentation zu aktualisieren.

Drohende Sanktionen 🤬

Fehlt die Verfahrensdokumentation oder ist sie unverwertbar, so soll das allein laut Finanzverwaltung keinen formalen Mangel darstellen, der zu einer Verwerfung der Buchführung führen kann – jedenfalls dann nicht, wenn die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit dadurch nicht beeinträchtigt ist.

Diese Regelung ist derart unbestimmt, dass man sich keinesfalls darauf verlassen sollte, auch ohne Verfahrensdokumentation „irgendwie durchzukommen“. Gerade bei komplexeren Strukturen in der betrieblichen IT werden Ad-hoc-Erläuterungen bei einer Betriebsprüfung nicht mehr helfen, den Mangel einer strukturierten Verfahrensdokumentation zu kompensieren. Außerdem kann eine fehlerhafte oder mangelhafte Verfahrensdokumentation durchaus eine Verwerfung der Buchführung zur Folge haben, wenn bei einer Betriebsprüfung noch weitere schwerwiegende Mängel, insbesondere im Hinblick auf Verstöße gegen die GoBD, festgestellt werden.

 

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